Im Gespinst des Relativismus verfangen:

Der ehemalige Hochgradfreimaurer Burkhardt Gorissen

legt im Interview dar, warum er die Loge verlassen hat...  weiter

 

 

 

 Bekenntnisse eines ehemaligen Freimaurers
Maurice Caillet, „Ehrwürdiger“ einer französischen Loge, verrät deren Geheimnisse

Madrid (kath.net/Zenit.org) Maurice Caillet, für über 15 Jahre „Ehrwürdiger“ einer französischen Loge, deckt im neu erschienenen Buch „Ich war ein Freimaurer“ (vgl. www.cailletm.com), das noch nicht auf Deutsch vorliegt, einige ihrer Geheimnisse auf.

Caillet bringt in dem Werk Riten, Regeln und Schwüre ans Licht – insbesondere jenen Eid, der dazu verpflichtet, die „Brüder“, das heißt die anderen Freimaurer, zu verteidigen – sowie den Einfluss, den diese Geheimorganisation auf die Politik ausübt. Das Buch erklärt außerdem, welchen großen Einfluss die Freimaurer auf die Ausarbeitung und Erlassung neuer Gesetze haben. Caillet selbst ist Mediziner und wirkte aktiv am Zustandekommen des Abtreibungsgesetzes in Frankreich mit.

Er wurde 1933 in Bordeaux geboren und hat sich beruflich in Gynäkologie und Urologie spezialisiert. Als Arzt hat er Abtreibungen und Sterilisationen sowohl vor als auch nach der Legalisierung der Abtreibung in seinem Land vorgenommen. Als Mitglied der sozialistischen Partei in Frankreich gelang es ihm, wichtige Posten der Sanitätsleitung einzunehmen.

ZENIT: Wann traten Sie offiziell den Freimaurern bei?

Maurice Caillet (M.C.): Anfang des Jahres 1970 wurde mir eine mögliche Initiierung vorgeschlagen. Ich wusste im Grunde nichts von all dem, was mich erwartete. Ich war 36 Jahre alt, ein freier Mann und war nie zuvor Mitglied einer Gewerkschaft oder politischen Partei gewesen. Eines Nachmittags klopfte ich in einer versteckten Straße von Rennes an die Tür eines Tempels, dessen Vorderansicht mit einer geflügelten Sphinx und einem Dreieck mit einem Auge darin versehrt war. Ich wurde von einem Mann empfangen, der zu mir sagte: „Mein Herr, Sie haben angefragt bei uns aufgenommen zu werden? Ihre Entscheidung ist endgültig? Sind Sie dazu bereit sich den Prüfungen zu unterziehen? Wenn die Antwort ‚Ja’ ist, so folgen Sie mir.“ Ich nickte und wurde durch eine Reihe von Gängen geführt. Dabei begann ich eine gewisse Unruhe zu verspüren, doch bevor ich diese zum Ausdruck bringen konnte, merkte ich, dass sich die Tür hinter uns schloss…

ZENIT: In Ihrem Buch „Ich war ein Freimaurer“ erklären Sie, dass die Freimaurerei für die Einführung der freien Abtreibung 1974 in Frankreich entscheidend war...

M.C.: Die Wahl von Valéry Giscard d'Estaing zum Präsident der französischen Republik machte Jacques Chirac zum Ministerpräsidenten, welcher wiederum als persönlichen Berater Jean-Pierre Prouteau einstellte, den Großmeister des Grand Orient von Frankreich, Hauptlinie der französischen Freimaurerei, mit laizistischer Haltung. Minister für Gesundheitswesen wurde Simone Veil, Juristin, ehemals Deportierte in Auschwitz, deren Berater wiederum Dr. Pierre Simon wurde, Großmeister der Großloge von Frankreich, mit dem auch ich in Kontakt stand. All diese Politiker waren umgeben von jenen, die wir unsere „Brüder…“ nannten, und das Gesetz zur Abtreibung war schnell erlassen. Im November erst vom Ministerrat angenommen, wurde das Veil-Gesetz schon im Dezember gewählt. Die Abgeordneten und Senatoren, welche Freimaurer waren, egal ob rechts- oder linksgerichtet wählten mit großer Einstimmigkeit.

ZENIT: Sie erklären, dass unter den Freimaurern die Pflicht besteht, sich gegenseitig zu helfen. Ist das immer noch so?

M.C.: Die „Gefallen“ sind in Frankreich üblich. Einige Logen versuchen konsequent zu sein, doch die Geheimnisse, die in diesen Kreisen vorherrschen erleichtern die Korruption. In der Bruderschaft der Hohen Funktionäre zum Beispiel, wird über bestimmte Aufträge verhandelt, und bei jenen für Bauwesen und öffentliche Einrichtungen werden die Verträge regelrecht untereinander verteilt, mit bedeutenden finanziellen Konsequenzen.

ZENIT: Haben Sie von diesen Gefallen profitiert?

M.C.: Ja. Das Gericht, mit einem „Bruder“ als Vorsitzenden, entschied bei meiner Scheidung für geteilte Spesen, anstatt sie allesamt mir anzulasten, und reduzierte die Beitragskosten für meine Kinder. Später, während eines Konflikts mit meinen drei Teilhabern in der Klinik, bot mir einer anderer „Bruder“, Jean, Direktor der Kasse für Sozialversicherung, an, den Direktionsposten des Sanitätszentrums von Rennes zu übernehmen.

ZENIT: Hatte der Ausstieg bei den Freimaurern letztlich Konsequenzen für Ihre Karriere?

M.C.: Seitdem fand ich keine Stelle mehr in der öffentlichen beziehungsweise halböffentlichen Verwaltung, trotz meines einwandfreien Lebenslaufes.

ZENIT: Haben Sie jemals Morddrohungen erhalten?

M.C.: Nachdem mein Verwaltungsjob gekündigt worden war und ich begonnen hatte, gegen diese willkürliche Entscheidung vorzugehen, erhielt ich Besuch von einem „Bruder“ der Großloge von Frankreich, Regionalsekretär einer Arbeitergewerkschaft. Dieser erklärte mit äußerster Kälte, dass ich „mein Leben in Gefahr bringen“ würde, wenn ich bis zum Arbeitsgericht ginge, und dass er nichts hätte tun können, um mich zu schützen. Ich hätte mir nie vorstellen können, einmal Morddrohungen von bekannten und ehrwürdigen Freimaurern unserer Stadt zu erhalten.

ZENIT: Sie waren Mitglied der sozialistischen Partei und lernten viele Ihrer „Brüder“ in der Politik kennen. Könnten Sie mir sagen, wie viele Freimaurer es in der Regierung Mitterand gab?

M.C.: Zwölf.

ZENIT: Und in der aktuellen von Sarkozy?

M.C.: Zwei.

ZENIT: Könnten Sie einem Nichtswissenden wie mir erklären, welche die Prinzipien der Freimaurerei sind?

M.C.: Die Freimaurerei stellt allem voran eine humanistische Philosophie dar, hauptsächlich bedacht auf den Menschen, und der Suche nach der Wahrheit verpflichtet, auch wenn man sich eingesteht, dass diese im Grunde nicht zugänglich ist. Sie lehnt jedes Dogma ab und vertritt den Relativismus, der alle Religionen auf dieselbe Ebene stellt, wobei sich seit 1723 die Verfassung von Anderson auf eine höhere Ebene stellt, als „Mittelpunkt der Union“. Davon leitet sich wiederum ein moralischer Relativismus ab: keine moralische Norm hat göttlichen Ursprung und kann folglich als unantastbar definiert werden. Die Moral der Freimaurer findet ihre Funktion in der Zustimmung der Gesellschaft.

ZENIT: Welche Stelle nimmt Gott bei den Freimaurern ein?

M.C.: Für einen Freimaurer ist das Konzept „Gott“ etwas sonderbar, ähnlich wie im Spiritualismus. Im besten Falle ist er der Große Architekt des Universums, ein abstrakter Gott, aber eben nur eine Art „Uhrmacher-Schöpfer“, wie ihn der Pastor Désaguliers, einer der Gründer der spekulativen Freimaurerei definierte. Dieser Große Architekt wird dann angebetet, verzeihen sie den Ausdruck, auf dass er sich nicht in die Angelegenheiten des Menschen einmische, und er wird auch nicht in der Verfassung von Anderson genannt.

ZENIT: Und das Konzept der Rettung des Menschen?

M.C.: Als solches existiert es in der Freimaurerei nicht, außer auf weltlicher Ebene: es ist das Elitäre der Initiierungen, wobei diese auch als der Ebene des Animismus angehörend betrachtet werden können. So René Guènon, groß Initiierter, und Mircea Eliade, Experte für Religionen. Es ist auch diese Suche nach einem Gut, das sich in keinem Ort konkretisiert…in Anbetracht der Tatsache, dass die Moral in der Aufrichtigkeit entsteht, die, wie wir alle wissen kein Synonym für Wahrheit ist.

ZENIT: Welches Verhältnis haben die Freimaurer zu den Religionen?

M.C.: Ein recht zweideutiges. Prinzipiell bestehen die Freimaurer auf höchste Toleranz gegenüber allen Glaubensrichtungen und Ideologien, mit einer besonderen Vorliebe für den Synkretismus, also einer Vermischung der einzelnen spirituellen Doktrinen: es ist die ewige Gnostik, das Übergehen des wahren Glaubens. Andererseits zeugt das Leben der Logen, das für 15 Jahre auch meines was, von besonderer Voreingenommenheit gegenüber der Autorität des Papstes und der Dogmen der katholischen Kirche.

ZENIT: Wie begann Ihre Entdeckung von Christus?

M.C.: Ich war Rationalist, Freimaurer und Atheist. Ich war nicht einmal getauft, doch meine Frau Claude war krank und wir beschlossen nach Lourdes zu gehen. Während sie im Becken war, zwang mich die Kälte vor Ort die Krypta aufzusuchen, wo ich mit großem Interesse der ersten Heiligen Messe meines Lebens beiwohnte. Als der Priester die Worte des Evangeliums „Bittet und euch wird gegeben, sucht und ihr werdet finden, klopft an und euch wird geöffnet“ vorlas, erschrak ich fürchterlich, denn ich hatte diese Worte am Tag meiner Initiierung gehört, und ich war es gewohnt sie jedes Mal zu wiederholen, wenn ich als Ehrwürdiger die Neuzugänge initiierte. Im darauf folgenden Schweigen – es gab keine Predigt – hörte ich deutlich eine Stimme, die zu mir sagte: „Gut, du forderst die Genesung von Claude, aber was bietest du an?“. In diesem Augenblick, und überzeugt davon dass es Gott war der zu mir sprach, dachte ich daran, dass ich nur mich selbst anzubieten hatte. Am Ende der Messe ging ich in die Sakristei und bat den Priester, mich zu taufen. Dieser war höchst erstaunt, als ich ihm von meiner Mitgliedschaft bei den Freimaurern und meinen okkultistischen Praktiken erzählte, und sagte mir, ich solle mich an den Erzbischof von Rennes wenden. Dies war der Beginn meines spirituellen Weges. 


14. November 2008
Artikel auf http://www.kath.net/detail.php?id=21344
 

 

Freimaurerei:

Im diametralen Gegensatz zur Kirche

 

 

Maurice Caillet, ein erfolgreicher Chirurg, war Freimaurer. Zwei Jahre lang leitete er eine Loge. Ein schweres, aussichtsloses Leiden seiner Frau bewegte ihn dazu, mit ihr nach Lourdes zu fahren. Dort erlebte er eine unerwartete, wunderbare Bekehrung. Im folgenden Gespräch nimmt er zu Fragen der Beziehung von Freimaurerei und Kirche Stellung.

 

Wie würden Sie die Freimaurerei kennzeichnen?

Sie ist eine geistige Gemeinschaft, die den Menschen und die Freiheit zur Geltung bringen will: Letztere soll ohne Beeinträchtigung zum Zug kommen. Es geht zunächst um eine philosophische Frage mit Auswirkungen auf das intellektuelle und geistige Leben jener, die sich dort binden. Allerdings schließt man keineswegs einen Pakt mit dem Teufel ab oder nimmt an schwarzen Messen teil, wenn man in eine Loge eintritt. Manchmal hört man das. Es gibt Leute guten Willens in der Freimaurerei.

 

Wie geht die Freimaurerei vor?

Wie ein Ideen-Labor. Die großen Probleme der Gesellschaft werden in der Loge systematisch studiert. Diese Arbeit wird dann in der Öffentlichkeit verbreitet. Vor allem über die Abgeordneten und Senatoren, die Freimaurer sind. Sie bringen Gesetzesentwürfe ein, die unmittelbar das Ergebnis von Arbeiten im Schatten der Logen sind. So sind die Verhütung, die Abtreibung, die Banalisierung der Scheidung Frucht freimaurerischen Denkens. Dieses will menschliche Probleme so lösen, dass aller Zwang, alle Abhängigkeit beseitigt werden, sei es in Bezug auf Moral oder Religion.

 

Damit ist sie schwer mit dem christlichen Glauben vereinbar...

Die Trennung christlicher Maurer von der Kirche ist schrittweise erfolgt. Tatsächlich aber bieten die Organisationen der Freimaurer einen Ansatz, der dem der Kirche diametral entgegengesetzt ist. Für sie ist die Erleuchtung einigen wenigen Eingeweihten, die zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, vorbehalten; für die Christen ist der Glaube eine Offenbarung, ein Geschenk Gottes, das allen, vor allem den Demütigen und den Kleinen angeboten wird. Indem sie sich ausschließlich auf die Konfrontation der Ideen und die Toleranz stützt, führt die Freimaurerei zum Relativismus; das Christentum hingegen lädt zur Entdeckung Jesu Christi ein. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Die Freimaurerei erwartet alles vom Menschen und nichts von Gott; selbst jene Logen, die von der Existenz eines "Großen Architekten" ausgehen, lehnen die Vorstellung von einem Gott, der in das Leben der Menschen eingreift, ab. All das sind Gründe, warum die Katholische Kirche immer schon die Zugehörigkeit von Christen zur Freimauererei verurteilt hat.

 

Wie steht es dann aber mit den sich häufenden Begegnungen von Christen und Freimaurern?

Mehrere Logen werben heute unter Christen, die manchmal guten Glaubens Freimaurer werden. Hinter der Maske der Toleranz geht die Freimaurerei auf sie zu; für alle zugängliche Konferenzen über philosophische und kulturelle Fragen, erscheinen unverfänglich. Die Christen nehmen nicht wahr, dass dieser Empfang im "Sonntagsgewand" nur das erkennen lässt, was man ihnen gerne zeigen möchte.

Je höher man jedoch in den maurerischen Graden steigt, umso häufiger trifft man auf Personen, die der Kirche und vor allem dem Papst feindlich gesinnt sind. Die Freimaurerei wurde übrigens 1715 durch zwei anglikanische Pastoren, die den Primat des Bischofs von Rom ablehnten, gegründet. Ich selbst war antiklerikal, daher habe ich mich dort wohlgefühlt. Die Feindseligkeit einiger Proteste gegen den Papstbesuch in Frankreich werfen ein Licht auf diese Einstellung. Das sind aber Ausnahmen. Meist wird man nichts von der Freimaurerei hören. Sie weist ihre Berechtigung durch humanitäre Aktionen nach.

 

Bedauern Sie, dass Sie im "Großen Orient" waren?

Ich habe dort intelligente Menschen getroffen, auch einige wertvolle. Aber Vorsicht... Hinter meinem Engagement stand eine geistige Ausrichtung. Ich war auf einer Bahn, die mich weit in die Abhängigkeit und ins Unglück geführt hat. Daher spreche ich auch heute. Ich möchte einfach sagen: "Es war ein Fehler, machen Sie nicht denselben." Manche fühlen sich auch von dem geheimnisvollen Aspekt der Freimaurerei angezogen. Aber das, was im Zuge der schrittweisen Einweihung in den Logen enthüllt wird, ist eine Illusion. Der Großteil der Geheimnisse wurde durch ehemalige Freimaurer bekannt gemacht. Und über die Rituale kann man alles in den Buchhandlungen erfahren.

 

Was ist Ihrer Meinung nach die größte Gefahr der Freimaurerei?

Die große Gefahr ist letztendlich der Egozentrismus (wohlgemerkt: ich sage nicht Egoismus) und der Stolz: Der Mensch glaubt, sein Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können, ohne Gottes Hilfe. Das ist die Ursünde: Der Mensch will sich selbst erschaffen, also wie Gott sein. Und genau das ist es ja, was die Schlange dem ersten Menschenpaar sagt: "Ihr werdet wie Gott sein." Diese Art von Stolz - sie bedroht alle esoterische Organisationen - ist Nahrung für den Bösen, selbst wenn die Gründer und Anhänger nicht bewusst einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben. Das Licht, von dem die Rede ist, ist sehr wohl das Luzifers, des "Lichtträgers" und die Früchte sind sichtbar: zerstörte Ehen, Ehrgeiz, Streben nach Macht und Geld, grenzen- und skrupellos...

Das Gespräch führte Benedicte Drouin. Die Beiträge beider Seiten sind aus "Famille Chrétienne v.30.9.99, v. 16.11.95 und v. 14.10.99.

 

 

 

 

 

 

Interview mit dem spanischen Experten Guerra Gómez,

Autor von „Das Freimaurer-Komplott“


 

Burgos (www.kath.net/ Zenit)
Die Freimaurer bemühen sich darum, ihre ideologischen Grundsätze - Relativismus, Atheismus, Gnostizismus – überall zu verbreiten. Das betont Pater Manuel Guerra Gómez, Experte für Geschichte der Religionen und Autor von 25 Büchern, die vom Phänomen der Sekten und verwandten Themen handeln.

Der Weltpriester aus der spanischen Diözese Burgos, seines Zeichens Professor Emeritus der dort angesiedelten Theologischen Fakultät von Nordspanien, legte vor kurzem ein Buch mit dem Titel „La trama masónica“ („Das Freimauer-Komplott“) vor, das im spanischen Verlag „Styria“ erschienen ist. In diesem Interview mit ZENIT geht er ausführlich darauf ein.

 

 

ZENIT: Ist die berühmt-berüchtigte Verschwörung der Freimaurerei ein Mythos?

 

P. Guerra: Wir müssen da zwischen der Freimaurerei und den Freimaurern unterscheiden. Die Freimaurerei als solche strebt nicht nach Macht. Allerdings sind die Freimaurer tatsächlich in jeder internationalen Organisation vertreten, wo wichtige Entscheidungen fallen, und auch in allen multinationalen Gesellschaften, die auf die wirtschaftliche und politische Macht Einfluss ausüben.

Es ist daher richtig zu folgern, dass sie versuchen, ihre ideologischen Grundsätze – Relativismus, Atheismus, Gnostizismus – weiterzugeben, wo auch immer sie sich befinden. Und sie bemühen sie sich darum, diese Grundsätze auch über ihren Einflussbereich hinaus zu verbreiten.

Auf der anderen Seite streben sie in den englischsprachigen Nationen, in den Ländern des Nordens, in der Türkei und anderswo nicht nach Macht, denn: Sie sind die Macht. So ist beispielsweise das Staatsoberhaupt von Großbritannien zugleich der Großmeister der Vereinigten Großloge von England und der über 150 Großlogen – eine pro Land, und in den USA eine pro Bundesstaat. Im Jahr 1995 verfügte die Vereinigte Großloge von England über 750.000 Mitglieder; sie gehörten den 8.000 Logen an, die es auf der ganzen Welt gibt.

Wir können aufgrund der Geheimhaltungspflicht nicht mit Sicherheit wissen, wo sie aktiv sind und wie weit ihr direkter Einfluss reicht – und noch weniger wissen wir, wie weit ihr indirekter Einfluss reicht.

Tony Blairs Regierung wollte für die Mitgliedschaft in der Freimaurerei eine Meldepflicht einführen, insbesondere im Fall von Beamten und vor allem wenn sie im Bereich der Wohltätigkeit oder bei der Polizei arbeiten. Die Antwort von 1.400 englischen Richtern, die freiwillig ihre Mitgliedschaft in der Freimaurerei deklarierten, ist anerkennenswert. Offensichtlich gibt es da noch sehr viele mehr.

Nach dem Skandal der geheimen Loge „Propaganda Due“ von Licio Gelli in Italien müssen Funktionäre in bestimmten Bereichen der öffentlichen Verwaltung melden, dass sie Freimaurer sind - auch auf die Gefahr hin, dass sie ihre Stellung verlieren.

 

 

 

ZENIT: Stimmt es, dass 60 Prozent der Mitglieder des Europäischen Parlaments Freimaurer sind?

 

P. Guerra: Diese und ähnliche Behauptungen sind von Josep Corominas aufgestellt worden, der bis März 2006 Großmeister der Großloge von Spanien war. Am 9. Februar 2007 hat er sie verlassen, aber dennoch beteuert, dass er weiterhin Freimaurer sei und als solcher betrachtet werden wolle.

Handelt es sich da um eine neue Division, die einem neuen freimaurerischen Gehorsam Platz gemacht hat, oder um eine Einfügung in eine bereits bestehende?

Tatsächlich sind alle Vorschläge zu den Themenbereichen Familie und Bioethik, die der Lehre der Kirche und sogar dem natürlichen Sittengesetz widersprechen, vom Europäischen Parlament angenommen worden. Dann ist da auch der Fall der Italieners Rocco Buttiglione, der als Kommissar im Ausschuss des Europäischen Parlaments von einer atheistischen Mehrheit im Parlament abgelehnt wurde.

 

 

 

ZENIT: In Rom wurde vor nicht allzu langer Zeit eine Konferenz abgehalten, in der die Unvereinbarkeit des katholischen Glaubens und der Freimaurerei betont wurde. Dabei ist auch zum Dialog mit den Freimaurern aufgerufen worden, und zwar was den Bereich der soziokulturellen Fragestellungen angeht. Wie kann das geschehen?

 

P. Guerra: Trotz der objektiven Unvereinbarkeit von Freimaurerei und katholischem Glauben können Katholiken auf unterschiedlichen Ebenen Gespräche mit Freimaurern führen, allerdings natürlich nicht über jene Dinge, die der Heilige Stuhl – sich auch einer gewissen Gefahren bewusst – für seine exklusive Kompetenz reserviert hat.

In der Erklärung der Kongregation für die Glaubenslehre zur Freimaurerei heißt es: „Autoritäten der Ortskirche steht es nicht zu, sich über das Wesen freimaurerischer Vereinigungen in einem Urteil zu äußern, das das oben Bestimmte außer Kraft setzt, und zwar in Übereinstimmung mit der Erklärung dieser Kongregation vom 17. Februar 1981.“

Es ist zudem notwendig, die Realität und die Konsequenzen der freimaurerischen Geheimhaltung zu beleuchten. Wie kann man mit jemandem, der eine Maske trägt, in einen Dialog treten? Es ist aber immer möglich, über soziokulturelle Fragen zu sprechen. Auch wenn Religionen und Ideologien die jeweiligen Kulturen formen und sie sich selbst angleichen, sind da stets Gemeinsamkeiten zu finden.

Im Gegensatz zu dem, was spezifisch religiös und ideologisch ist, stellt der Kulturbereich ein Gebiet dar, über das wir zumindest in der Theorie durchaus sprechen können. Es ist leichter, über kulturelle Dinge zu sprechen – etwa über Armut, Bildung, Umwelt, Gesundheit, Globalisierung und so weiter –, als über Dinge, die das Religiöse betreffen.

Der Dialog mit den Freimaurern stößt aber selbst auf diesem Terrain auf ernsthafte Schwierigkeiten, insofern der freimaurerische Atheismus – offen gezeigt oder verborgen – dazu neigt, religiöse Besonderheiten, das heißt all das, was nicht in allen religiösen und moralischen Richtlinien zu finden ist, an den Rand zu drängen, um es im Bereich des persönlichen Gewissens oder hinter Kirchenmauern gefangen zu halten.

In diesem Sinn strebt die Freimaurerei danach, die soziokulturellen Zeichen in den Ländern christlicher Tradition, wie zum Beispiel die Weihnachtskrippe, oder Repräsentationen von Symbolen des christlichen Geheimnisses - etwa den Stern von Bethlehem, die Heiligen Drei Könige und so weiter - zu beseitigen.

 

 

ZENIT: Ersetzt die Freimaurerei die Religion?

P. Guerra: Die Freimaurerei zieht – übrigens genauso wie „New Age“, eines ihrer Produkte – den Begriff „Spiritualität“ vor, der eine subjektivere Klangfarbe hat als der Begriff „Religion“. Einige Freimaurer behaupten von sich, sie seien Christen, und bestreiten, dass die Freimaurerei eine Religion ist. Dabei sollten sie einsehen, dass sie zwei Religionen angehören: der katholischen und der der Freimaurerei. Aber für viele - vor allem für jene Freimaurer, die Agnostiker und Deisten sind - nimmt die Freimaurerei den Platz der Religion ein. Iin den freimaurerischen Schriften und in den Schriften der Freimaurer wird die Freimaurerei tatsächlich als „Religion“ und manchmal auch als „die Religion“ bezeichnet.

 

ZENIT: Wie ist es Ihnen möglich, sich dieser Welt zu nähern, wenn sie doch so verschwiegen ist?

P. Guerra: Ich habe viele Stunden dem Studium der Satzungen, Regeln und Rituale der verschiedenen Verbände der freimaurerischen Logen gewidmet, mit Freimaurern und ehemaligen Freimaurern in Spanien und Mexiko gesprochen und Bücher über die Freimaurerei gelesen, die von Freimaurern und solchen, die es nicht sind, verfasst wurden. Vor ungefähr zehn Jahren habe ich zwei Sommer in Mexiko damit verbracht, täglich mit freimaurerischen und nicht-freimaurerischen Universitätsprofessoren zu sprechen. An den Nachmittagen besuchte ich die Zentren verschiedener Sekten – einige von ihnen waren para-freimaurerisch –, die an den Randgebieten der Städte zu finden sind.

 

ZENIT: Ist bei der Freimaurerei eine bestimmte Methode wichtiger als der Inhalt?

P. Guerra: Der Mensch benutzt außer seinem Verstand auch sein Gefühl und sein Vorstellungsvermögen. Die Empfindungen und die Vorstellungskraft können die geistige Klarheit beeinträchtigen. Aber dennoch sind es die Ideen und Überzeugungen, die dem Menschen Orientierung geben; Prinzipien schaffen menschliche Institutionen und geben ihnen ihr Ziel. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es allerdings der richtigen „Methode“. Das griechische Wort „odos“ bedeutet „Weg“, und „met“ ist das „Ziel“, das wir erreichen wollen. In der Freimaurerei strebt die Methode die höchsten Kategorien und die höchste Wirksamkeit an, da sie ja eines der „Prinzipien“ darstellt, ja vielleicht sogar das wesentlichste: jenes, das allen anderen zugrunde liegt. Gerade aufgrund ihrer Methode ist die Freimaurerei mit der christlichen Lehre unvereinbar. Die freimaurerische Methode – von Natur aus atheistisch – spiegelt den historischen Relativismus wider und führt zum soziokulturellen Relativismus, den sie fördert.

Alain Gérard, einer der Direktoren des „Großen Orients von Frankreich“, sagt: „Die Freimaurerei ist lediglich eine Methode.“ Ihm zufolge kann ein Freimaurer „Meinungen“ oder Überzeugungen einer bestimmten Religion halten; die freimaurerische Methode verpflichte ihn indessen, seine Meinungen „in Frage zu stellen“ und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sie von einem soliden rationalen System und mit der Unterstützung der Mehrheit als falsch oder überwunden deklariert werden.

„Man kann keine wirkliche Diskussion führen, wenn – wie auch immer das Ergebnis der Diskussion ausfallen mag – es stets einige Punkte geben wird, von denen man überzeugt ist, dass sie stimmen“, meint Gérard. Hierin kommt die freimaurerische „Allergie“ gegenüber Dogmen und dogmatischen und offenbarten Religionen zum Vorschein, insbesondere gegenüber dem Christentum. Und das erklärt auch, warum die Freimaurer dazu neigen, die Demokratie als einen Erfolg der Freimaurerei zu betrachten und die demokratische Methode – die Mehrheitsentscheidung – als etwas der Freimaurerei Artverwandtes. Sie wenden die „Methode“ der Demokratie auf jede Wirklichkeit an, sogar auf die Wahrheit, das Gute usw.

Der gegenwärtige Großmeister des „Großen Orients von Frankreich“, Jean Michel Quilardet, führte in einer Erklärung gegenüber der spanischen Tageszeitung „La Voz de Asturias“ am 29. Januar 2007 aus: „Man kann glauben, dass es eine nicht-atheistische Demokratie gibt, und nicht-atheistisch bedeutet nicht-freimaurerisch. Aber so, wie ich die Dinge sehe, ist der Atheismus eine Errungenschaft der Demokratie.“ Somit sind jene Demokraten, die keine Atheisten oder Freimaurer sind, wenn überhaupt Demokraten, dann Demokraten zweiter Klasse.

 

ZENIT: Sind die Freimaurer also eine schöpferische Minderheit? Wie steht es da mit den Christen?

P. Guerra: Die Freimaurer halten natürlich kein Monopol auf die Kreativität. Selbst wenn sie anderer Natur ist, gehört die Schöpferkraft auch den Christen - dank der Hilfe der göttlichen Gnade und des Wirkens des Heiligen Geistes. Und die christliche Kreativität ist dabei keineswegs von geringerer Art. Um das zu zeigen, reicht es, einen Blick auf die Geschichte der Kirche und die Anpassung ihrer Evangelisierung an recht unterschiedliche soziale und kulturelle Umstände in den 2.000 Jahren ihres Daseins zu werfen. „Die Hand des Herrn ist nicht zu kurz“ (Jes 59,1), auch nicht in unseren Tagen.

Als vor einigen Jahren Papst Johannes Paul II. die kirchlichen Bewegungen „den neuen Frühling des Geistes“ nannte beziehungsweise das „neue Pfingsten“ und eine „besondere Gabe, die der Heilige Geist der Kirche an diesem historischen Zeitpunkt schenkt“, schrieb ich es anfangs seiner unglaublichen Güte zu. Die gute und heilige Person sieht das Gute in allem - genauso wie auch der gierige Mensch überall den Gewinn sieht und der lüsterne Mensch die Befriedigung.

Als ich aber an der Studie „Kirchliche Bewegungen in Spanien“ arbeitete und es mir möglich war, Einblick in die Wirklichkeit zu bekommen, hat das einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen. Welche Schöpferkraft besitzen heute doch die Söhne und Töchter der Kirche, die vom Heiligen Geist inspiriert werden und sich von ihm führen lassen! Wie könnte die Kirche oder die Welt überleben, wenn die kirchlichen Bewegungen, die Initiativen zur christlichen Bildung, die Hilfswerke usw. verschwinden würden und in den kirchlichen und soziokulturellen Galaxien eine Art „schwarzes Loch“ hinterließen“!

 

10. Juni 2007, 08:01

 

 

 

Mehrwissen:
Kathpedia zur Freimaurerei

 

 

 

 

 

 

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